Agfa - Geschichte des Camerawerkes München


Vorgeschichte


Der Gründer Alexander Heinrich Rietzschel.


Alexander Heinrich Rietzschel 
geboren 1860 in Dresden, Freistaat Sachsen
gestorben 1939 in München, Freistaat Bayern

Alexander Heinrich Rietzschel wuchs im wunderschönen Dresden, das Elbflorenz des Ostens, in einer gutbürgerlichen Familie auf. 

Er erlernte den Beruf eines Feinmechanikers und Optikers bei Carl Zeiss in Jena und durchlief die Schule vom Werkmeister August Löbe.

Nach dem Abschluss der Lehre 1886 wechselte er nach München zu dem renommierten Objektivhersteller C.A. Steinheil und später zu G. Rodenstock. Im Jahre 1896 macht sich Alexander Heinrich Rietzschel mit seiner Firma, „Optische Anstalt A. Hch. Rietzschel GmbH, München, in der Gabelsberger Str. 36/37“ selbstständig  und fertigte zuerst nur Kameraobjektive.

 

Der Erfolg seines Unternehmens war vor allem dem Objektiv "Linear 4,5 " zu verdanken.

1898 erhielt er auf das Objektiv sein erstes Patent. Er baute ab 1900 die Kamera „Clack 1900“ und nannte sein Unternehmen in A. Hch. Rietzschel G.m.b.H., Fabrik fotografischer Apparate und Objektive um, in dem er 1901 schon ca. 100 Mitarbeiter beschäftigte. 1905 erhielt er ein Patent auf ein Ganzmetallgehäuse für eine Fotokamera.

1912 erfolgte eine Verlagerung der Werkstätten in die Aberlestr. 7 in München, wo 1914 bereits fünfzehn verschiedene Kameramodelle gefertigt wurden. Das Patent auf ein Ganzmetall-Kameragehäuse aus dem Jahr 1905 brachte den großen Durchbruch als einer der führenden Kamerahersteller.

Für alle Modelle stand eine Vielzahl von Objektiven eigener Herstellung zur Verfügung. Nach dem Ersten Weltkrieg kam das Unternehmen in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Die Farbenfabriken Bayer kauften 1921 80 % von Rietzschels Firmenanteilen bei halbem Stimmrecht. Die restlichen Anteile gingen 1924 zu Bayer, die den Kaufmann Bruno Uhl zum Direktor ihrer Münchener „Camera-Werke“ machten. Im Dezember 1925 wurde im Rahmen der Schaffung der I.G. Farben AG der ganze Fotobereich von Bayer der Agfa zugeordnet.

 

Mit der Gründung der I.G. Farben AG am 10. Dezember 1925 kamen alle fotografischen Produktionen zu Agfa, somit auch die Optische Anstalt, die man in "Agfa Kamerawerk München " umbenannte, die Kameras trugen den Agfa-Namen, nur die Objektive wurden noch eine Weile mit  "Rietzschel" bezeichnet.

Alexander Heinrich Rietzschel begab sich 1926, inzwischen 66-jährig, in den Ruhestand. 

1939 verstarb er im Alter von 79 Jahren wohl in München. 


Als Agfa zu Agfa wurde

Agfa war von 1896 bis weit in die 70er Jahre des Zwanzigsten Jahrhundert eines der führenden Unternehmen der Fotoindustrie. Die Marke Agfa wurde 1897 beim Kaiserlichen Patentamt in Berlin eingetragen.

Die Ursprünge der Kamerawerke lagen aber in der 1896 gegründeten Optischen Anstalt von Alexander Heinrich Rietzschel.

Zu Beginn des Ersten Weltkrieges arbeiteten rund 200 Mitarbeiter für Rietzschel, die aber nicht gehalten wurden, da keine Rüstungsgüter gefertigt wurden. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges 1919 ging es schon wieder mit 100 Beschäftigten weiter. Nicht mehr allein, sondern mit einem Partner, der Bayer AG.

Bruno Uhl, ein 26-jähriger Kaufmann, der zuvor in der fotografischen Abteilung bei Bayer in Leverkusen tätig war, gelang es, die Jahresproduktion von 3.700 auf 6.500 Kameras zu steigern.

Nachdem 1924 die Bayer AG ihren Anteil am Kamerawerk auf 100 % gesteigert hatte, wurde Bruno Uhl zum Direktor ernannt. Nun wurden von 250 Mitarbeiter bereits 10.700 Kameras jährlich gefertigt.

 

Bruno Uhl ging als Leiter der Abteilung „Fotoverkauf Deutschland“ nach Berlin, wo er für aufsehenerregende Werbekampagnen sorgte. Nachfolger als Direktor in München war Oskar Becker, der zuvor als Betriebsleiter in Berlin tätig war.

 

Der ersten vorgestellten Agfa-Box ging ein groß angelegter Test auf dem englischen Markt voraus. Dort verteilte die Zeitung "Daily Herald" als Werbeaktion eine große Menge von der Agfa Box, danach folgten dieser Aktion weitere Tageszeitungen und Zigarettenfabrikanten.

Die Fotohändler waren über die Aktion zunächst verärgert, erfreuten sich aber kurz darauf über einen gigantischen Filmverkauf. Die passenden 120 Rollfilme waren äußerst schnell vergriffen.

 

Nach dem Zweiten Weltkrieg (1945) lagen die Agfa-Fabriken in den verschiedenen Besatzungszonen, was einen erneuten Zusammenschluss sehr schwierig; praktisch aussichtslos gestaltete. Alle Fabriken konnten 1945 ihre Produktion wieder aufnehmen.

Die Fabriken in der sowjetischen Besatzungszone, vor allem im Dresdner Raum wurden im Laufe der Zeit volkseigen und endeten im "VEB Pentacon Dresden". In den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg wurde auch in der sowjetischen Besatzungszone der Name "Agfa" verwendet.

Durch den steigenden Absatz entschloss man sich in Jahr 1969 die Außenstellen in Peiting und Peißenberg in Oberbayern errichten lassen. In Peiting wurde die Produktion von Großlaborgeräten und in Peißenberg, die medizinische Fachgeräte / Druckgeräte angesiedelt.

Bei Agfa war von Anfang das Bestreben alle Bauteile und Komponenten in Eigenherstellung zu fertigen. Das schloss nicht nur Kameras ein, sondern das ganze Spektrum der Fotografie. Angefangen beim Film, Kamera bis zu Objektiven, Diabetrachtern usw. Aber immer mit dem Hauptaugenmerk bei Agfa den Absatz von Filmmaterialien zu steigern. Viele Kamerareihen waren darauf Ausgerichtet. Einfach und komfortable Bedienung lagen in Vordergrund und so wurde das Profi- Segment kaum beachtet. Aber einige Ausnahmen gab es schon, wie die Agfa Selectaflex und Ambi-Silette.Zeig sich bei Agfa auch in der Zusammenarbeit mit den 1967 Design-Büro Schlagheck Schultes (Herbert H. Schultes * 1938 und Norbert Schlagheck * 1925). Welche von da an alle Neuentwicklungen entworfen haben.

1982 beschloss der Vorstand das Camerawerk München zuschließen. Die Verluste aus den letzten Jahren und vor allen aus dem Jahre 1981 mit 226 Millionen DM waren nicht mehr zu verkraften.

Die Konkurrenz aus Fernost war übermächtig geworden, zumal man bei Agfa leider den Markt falsch eingeschätzt hat. Die Kameraproduktionen in München, Rottenburg an der Laaber und in Coimbra (Portugal) wurden aufgegeben, die Geräteproduktion in Pieline wurde aufgrund guter Absatzzahlen weitergeführt. Betroffen allein in München waren rund 3.200 Mitarbeiter und in Rottenburg gut 600 Mitarbeiter. Die Produktion der letzten Agfa Optima mit ihren fortschrittlichen Innovationen, die bis heute in fast allen Kompakt-Kameras steckt, wurde in das chinesische Qingdao gebracht, um dort in leicht modifizierter Form als „Qingdao-6“ mit dem Solitar-Objektiv noch eine Weile weiterproduziert zu werden.

Somit führte das leider zum Untergang einer Traditionsmarke.

Heute wird nur noch der Name „Agfa" gehandelt.

 

Im Oktober 2007 wurde das Agfa-Werk München abgerissen. Zum Schluss wurde das in den 1950er Jahren gebaute und über 50 m hohe "Agfa-Hochhaus" in München-Giesing am 17. Februar 2008 gesprengt.

 

Vor allem wegen der hervorragenden Technik, dem Design sind die Kameras bei Sammler sehr beliebt. Durch eine große Stückzahl kann man heute noch sehr gut erhaltene Kameras zu moderaten Preisen erhalten.